Zu der seit Montag, 04.05.2020, zulässigen Öffnung gastronomischer Betriebe haben sich aufgrund der sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen vor Ort eine Vielzahl von Fragen ergeben. Zum Teil scheinen die Regelungen auch vor Ort unterschiedlich aus­gelegt zu werden.

Im Sinne einer möglichst einheitlichen landesweiten Anwendung sollen diese Hinweise die aufgetretenen Auslegungs- und Anwendungsfragen beantworten. Zum Teil wird es auch noch Klarstellungen in der CoronaSchVO bzw. der entsprechenden Anlage ge­ben.

Vorbemerkung:
Die Auslegung der Verordnungsregelungen hat grundsätzlich folgende für das Ge­sundheitsministerium handlungsleitende aktuelle Situation zu beachten:
Mit der seit dem 11.05.2020 geltenden CoronaSchVO wurden erhebliche weitere Öff­nungen vorgenommen, weitere sind bereits angekündigt (Hotels etc.). Bei diesem Vor­gehen nimmt das Land auf Basis einer Abwägung zwischen verschiedenen Faktoren (u.a. Infektionsrisiken, wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Bedeutung von An­geboten etc.) ein bestimmtes – aus unserer Sicht aktuell vertretbares – Maß zusätzli­cher Infektionsrisiken in Kauf. Gleichzeitig zeigen verschiedene Parameter des Infekti­onsgeschehens (z.B. Reproduktionsfaktor), Warnungen renommierter Wissenschaftli­cher und das aktuelle Infektionsgeschehen z.B. im Kreis Coesfeld, dass die Auswir­kungen der Öffnungen genau beobachtet und bei der Umsetzung wirklich die Stan­dards zur Vermeidung von Infektionsgefahren dringend eingehalten werden müssen. Dies setzt ein verantwortungsvolles Verhalten vor allem der Betreiber der Einrichtun­gen und Angebote, aber auch eine konsequente Auslegung der geltenden Regeln und deren konsequente Überwachung durch die Behörden vor Ort voraus. Da diese nur stichprobenartig erfolgen kann, muss allen klar sein, dass bei festgestellten Verstößen Bußgelder drohen und festgesetzt werden müssen.

2.) Zulässige Gastronomie Grundsätze
Die breite Aufzählung der in § 8 genannten Betriebe macht deutlich, dass die CoronaSchVO keine Privilegierung besonderer Gastronomiebereiche vorsieht. Es gibt insbesondere keine Unterscheidung zwischen den Begriffen Schankwirtschaft und Speisewirtschaft. Dies hat seinen Hintergrund vor allem in praktischen Erwägungen: eine Speisewirtschaft liegt bereits dann vor, wenn irgendwelche zubereiteten Speisen angeboten werden, wobei die Zubereitung nicht selbst vorgenommen worden sein muss. Es könnte daher ohnehin jede (bisherige) Schankwirtschaft sehr einfach in eine Speisewirtschaft verwandelt werden.

Entscheidend ist deshalb (neben der Abgrenzung zu Bars und ähnlichen Einrichtungen, dazu sogleich) allein, dass die Vorgaben der Anlage eingehalten werden:

  • die klare Verpflichtung, das Angebot auf einen Service an Tischen (sitzend!) zu beschränken, die mit Mindestabstand aufgestellt sind,
  • zulässig sind nur Tische, an denen nur die in § 1 Abs. 2 genannten Gruppen sit­zen dürfen,
  • die Daten zur Kontaktpersonennachverfolgung müssen erhoben werden,
  • das Personal muss eine Mund-Nase-Bedeckung tragen; das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen Gästen muss vollständig eingehalten werden (Aus­nahmemöglichkeit s.u.)

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Speisen- und Getränkeangebot nicht entscheidend. Auch „Kneipen“ ohne Speisenangebot sind mit Tischen laut Vorgabe zulässig.

Unzulässig: „Bars“ (§ 10 Absatz 1 Nr.1)
Die Negativabgrenzung hat zu § 10 Absatz 1 Nr. 1 zu erfolgen, der „Bars, Clubs, Dis­kotheken und ähnliche Einrichtungen“ für unzulässig erklärt. Dabei ist vor allem bei „Bars“ nicht entscheidend, welchen Namen die Gastronomie führt, sondern welches Angebot unterbreitet wird. Anhaltspunkte für eine Zuordnung zu § 10 (Schwerpunkt Freizeit statt Speisenangebot) sind:

  • charakteristisches Angebot liegt außerhalb von Speisen und Getränken (Bsp. „Shisha-Bars“)
  • Angebot auf die Abendstunden konzentriert
  • Angebot mit weiteren Unterhaltungsaspekten kombiniert

Solche Angebote sind derzeit untersagt, weil im Rahmen der Gesamtbewertung (s. Vorbemerkung) den möglicherweise gleich großen Infektionsrisiken hier keine gleich­wertige Versorgungsbedeutung (Nahrungsversorgung, gesellschaftliche/soziale Be­deutung) wie bei Speise-/Schankwirtschaften vorliegt.

Die Einordnung anhand der Kriterien und der Zielsetzung kann jeweils nur vor Ort er­folgen. Dabei sind ausdrücklich nicht alle der genannten Merkmale kumulativ erforder­lich, um das Angebot als unzulässig einzustufen.

Als Hintergrundinfo:

https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-krise-wann-koennen-bars-und-klubs-wieder-o-effnen-a-13cb5801-1c51-4465-a0c9-7753eb064914?sara_ecid=soci_upd_KsBF0AFjflf0DZCxp-PYDCQgO1dEMph

Abstandsgebot/Mund-Nase-Bedeckung:
Zur Einhaltung des Abstandsgebots heißt es in der Anlage zur CoronaSchVO:
„Gänge zum Ein-/Ausgang, zur Küche, zu Toiletten etc. müssen eine Durchgangsbreite haben, mit der beim Durchgehen die Einhaltung des 1,5 m-Abstandes zu den an den Tischen sitzenden Personen grds. eingehalten werden kann.
Die Umsetzung dieser Regelung würde bei Gängen zwischen zwei Tischen eine Min-destreite von 3,5 Meter erfordern, bei „Begegnungsverkehr“ eher mehr. Aus vielen Rückmeldungen auch von Verbänden wissen wir, dass das in vielen Betrieben nicht umsetzbar ist. Daher wird vorgeschlagen (s. u.a. FAQ der Dehoga), dass weniger breite Gänge akzeptiert werden sollten, wenn innerhalb der Gaststätte von allen Kun­dinnen und Kunden, die nicht an ihrem Tisch sitzen, eine Mund-Nase-Bedeckung ge­tragen wird. Es geht also um den Kundenverkehr beim Betreten und Verlassen der Gaststätte sowie beim Aufsuchen der Toiletten etc.. Dies erscheint uns eine praxis­nahe Vorgehensweise, die den Gastwirten deutlich mehr Flexibilität ermöglicht, ohne unvertretbare Infektionsrisiken zu eröffnen. Daher prüfen wir, die Regelung in der An­lage wie folgt zu ergänzen: „Auf gesonderte Vorgaben zur Breite der Gänge kann ver­zichtet werden, wenn für die Innenbereiche der Gastronomie das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung immer dann angeordnet wird, wenn die Kundinnen und Kunden nicht an ihrem Tisch sitzen. Die Ausnahmen nach § 2 Absatz 3 Satz 2 CoronaSchVO sind dabei zuzulassen.“
Es bestehen keine Bedenken dagegen, wenn ab sofort vor Ort so verfahren wird.
Bei Außengastronomie erscheint eine entsprechende Vorgabe nicht zwingend erfor­derlich. Hier entscheiden die Gastwirte. Der Mindestabstand zwischen Tischen von 1,5 m muss aber natürlich auch in der Außengastronomie eingehalten werden.

Visiere
Die Mund-Nase-Bedeckungen, die vom Personal (und ggf. auch von den Gästen, s.o.) zu tragen sind, dienen dem Drittschutz, also dem Schutz anderer Personen vor einer Tröpcheninfektion. Das Robert Koch-Institut hat uns auf Anfrage ausdrücklich bestä­tigt, dass Gesichtsvisiere keinen gleichwertigen Schutz bieten, weil sie nicht eng anlie­gen und so die Verbreitung möglicherweise infektiöser Aerosole aus der Atemluft nicht gleichwertig verhindern. Daher ist ein Visier kein grundsätzlich gleichwertiger Ersatz von Mund-Nase-Bedeckungen. Ausnahmen können nur aus gesundheitlichen Grün­den zugelassen werden, wenn das Personal keinen nahen Kundenkontakt (z.B. „The­kendienst“, aber nicht beim Service am Tisch) hat.

Einhaltung der Vorgaben zu zulässigen Personengruppen
Die Gastwirte müssen durch ausdrückliche Hinweise (Aushänge und mündlich) die Gäste auf die strikte Einhaltung der Vorgaben zu zulässigen Personengruppen (nur Familie oder Mitglieder aus max. 2 häuslichen Gemeinschaften; § 1 Abs. 2 CoronaSchVO) hinweisen. Sie haben nicht die Verpflichtung, die Einhaltung der Vor­gaben als Gastwirte selbst zu kontrollieren, also sich Verwandtschaftsverhältnisse o­der dergleichen nachweisen zu lassen.
Die Verantwortung für eine (wahrheitsgemäße) Beachtung der Vorgaben tragen wie im öffentlichen Raum die Gäste. Bei einer Kontrolle durch Polizei und Ordnungsamt müssen die die Gäste die Zulässigkeit nachweisen können.

Unzulässigkeit zusätzlicher Angebote:
Hintergrund: Die Öffnung des öffentlichen Lebens kann nur schrittweise erfolgen, um die Kontrolle über das Infektionsgeschehen nicht zu verlieren. Bei der Öffnung des Be­reichs Gastronomie geht Nordrhein-Westfalen weit voran und öffnet bereits im ersten Schritt nicht nur die Außengastronomie, sondern auch die Innengastronomie, nicht nur die Speisewirtschaften, sondern auch Schankwirtschaften (außer Bars usw.). Jeden­falls müssen dann aber in diesem ersten Schritt Angebotsbestandteile, die zusätzliche und damit unnötige Infektionsrisiken auslösen (Kontaktflächen, zusätzliche Bewegung im Gastraum mit problematischen Mindestabständen, Zusammentreffen verschiedener Personengruppen) noch unterbleiben. Hierzu gehören z.B. „Spielecke“, Billard, Dart-Spiele, Shisha-Pfeifen etc.. Dies wird in der Anlage klargestellt werden.

Datenerhebung:
Die Daten sind für jeden Tisch gesondert zu erfassen und aus Datenschutzgründen der nachfolgenden „Tischbesetzung“ nicht zugänglich zu machen. Die gesammelten „Datenbögen“ sind vom Betreiber gesichert aufzubewahren. Eine elektronische Erfas­sung ist nicht erforderlich und wäre datenschutzrechtlich auch zusätzlich problema­tisch. Es ist ausreichend, die Bögen für 4 Wochen sicher aufzubewahren und im Fall einer erforderlichen Infektionsnachverfolgung der zuständigen Infektionsbehörde aus­zuhändigen. Werden die Bögen nicht gebraucht, sind sie nach 4 Wochen sicher (Schreddern o.ä.) zu vernichten.

X